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Auf den Brocken
Wenn selbst Rentner schneller sind als man selbst
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Auf den Brocken
Eine von vielen Touren auf den Brocken.
Hier nehme ich euch mit auf eine der ersten Touren auf den Brocken. Ungewohnt und untrainiert. Am Ende völlig kaputt.
![](assets/img/sly_kl.png)
14. Oktober 2017
Wandern musste jeh'n - ham se jesagt ....
uff'n Brocken ruff musste ma - ham se jesagt.
Leute ..... NIE WIEDER .... mein Schrittzähler auf dem Samsung Handy sagt fast wörtlich ..... "deine Schritte reichen auch für das kommende Jahr".
Unglaublich. Macht es nicht. Es ist anstrengend, man schwitzt, es ist raaaaaappel voll und wenn man oben ist, sieht man nicht mal was.
Nein im Ernst. Mitte Oktober ..... fantastisches Wetter und die um eine Woche verschobene Tour mit meinem juten Kumpel Lars stand an.
Das hieß konkret .... 6 Uhr Lars abholen und dann mit die kleene schnuckelige A-Klasse ab in 'n Harz. Torfhaus war das Ziel.
Fast 3 Stunden später da angekommen andere Schuhe an, noch n Käffchen und nem Souvenierladenbudenbesitzer mit unserer Rückkehr gedroht. Er lachte nur und wir gingen los.
Der Weg Anfangs ist spassig für groß und klein. Sanft schlängelt sich der Weg zwischen den hoch gewachsenen Kiefern .... Fichten ..... den Bäumen. Viele Pilze stehen herum. Das erste Schild.
Brocken .... 6,irgendwas Kilometer noch. Easyyyyyyy .... der Weg wird steiler .... kein Sand mehr .... grober Schotter als wäre n Strassenbau LKW geplatzt.
Während der Lunge langsam bewusst wird, das die Büroleistung nicht mehr ganz ausreicht und mein Zucker der Meinung ist, jetzt auf Krawall gebürstet zu sein machen wir eine kleine Pause.
Ich ess ein KitKat und 2 Gurken die scheinbar zu früh von Ihren Eltern getrennt wurden und weiter gehts. Schotterweg.
An mir vorbei schießt eine Mitt-Achzigerin mit einem fröhlichen Pfeifen. Ich fühl mich fast wie achzig und rede mir ein, es war ihr Asthma was klingt wie "von den blauen Bergen kommen wir...".
Die Lunge fordert mehr .... bekommt sie. Wir gelangen auf eine Strecke mit alten Betonplatten. Da schau her ... die Deutsch-Deutsche Grenze verlief hier. Auf gehts ... den Blick schnaufend auf die Füsse.
Lars vor mir lacht und sagt ich soll mal nach vorne schauen "Is lustig".
Ich richte meinen geneigten Blick gerade aus und sehe vor mir ein Schild, welches auf eine Steigung von 17% hinweist. Der Weg selbst sieht aus wie 45 Grad.
Hoch da gehts. Seile angelegt, Karabiner gecheckt, Rucksack fest gezurrt. Scherz.
Die Hüftgelenke des Büro-Tieres schreien so schon bei jedem Schritt "Hallo" in die Hüftpfanne, die Füsse resignieren bereits und denken "jetzt is eh egal" wir riechen einfach nur strenger und die Lunge .... vergesst es. Und ich rauche seit knapp 4 Jahren nicht mehr.
Oben angekommen such ich mir nen Stein zum hinsetzen und sterben. Klappt nicht, weil bimmelnd und mit lautem pfeifen die Brockenbahn an uns vorbei fährt, rangiert und dann hoch auf die Zugspitze fährt. Gemerkt ? Wortspiel. Man Rotze .... hier fährt ne BAHN .... so mit sitzen und ach weiter gehts.
Der Weg ist nicht mehr ganz so steil, windet sich aber um die Brockenspitze gefühlt 1000 mal herum. Der Berg scheint auszulaufen. Überall plätschert es und es entstehen braune leblose Pfützen, Weiher, Tümpel.
immer wieder wird man von Radfahrern überholt bei denen es verdächtig im Radlager summt. Pff ... kann doch jeder mit Akkurad den blöden Berg rauf. Seltener ist die Spezies die wirklich mit Mountainbike den Gipfel erklimmen will. Zieh ich den Hut vor, weil die schwitzen genauso wie Lars und icke.
Eine kleine Japanerin zieht mit einem kecken lächeln rennend an uns vorbei. Klarer Fall von Realitätsverlust.
Ein kleines Schild weist auf 1.000 m ü NN hin und wir gelangen an eine asphaltierte Strasse. 'ne Strasse ... besser ausgebaut als manche Autobahn. Ick sag nix.
Hier jedoch scheinen die Leute auf der Flucht. Viele rennen einfach bergab, reißen sich Ihre Plastikwerbung vom Leib und trinken Wasser im laufen. Von weit hinten hört man eine Frauenstimme "Wer hatte noch kein Bier ?".
Ick bin nicht mehr im Stande zu reagieren. Bier ? Verdammt. Lars reißt mich mit den Worten "Die Strassen sind zum marschieren da" aus den Gedanken und das motiviert mich .... fast.
Auf dem Asphalt federt nix mehr deine Schritte, es ist ein trampeln, treten, sich dahin schleppen. Da ein Schild ..... "Brockenmarathon - Wendemarke 20km". Ich scheine zu halluzinieren. Die spinnen hier doch alle. Marathon den blöden Berg rauf. Ich laufe nur noch weil ich mir noch nicht sicher bin in welche Richtung ich kippen möchte.
So .. fast oben. Das T-Shirt klebt an mir wie Kacke Kaugummi am Schuh. Zahlen auf dem Asphalt .... 200 .... ich denke noch 200m. Dort vorn in schönstem pink die nächste Zahl. 350 +8. Ich bin verwirrt und überlege kurz ob ich rückwärts gehe oder ich nur nach oben gelange wenn ich die Rechenaufgabe löse. Ich bin am Boden zerstört, da ich nun wieder nicht weiß wei weit es noch ist. Man sieht nix mehr ,da die Wolke immer tiefer hängt, die den Gipfel malerisch umhüllt.
Vor uns tauchen Schienen auf. Ein Rudel Menschen stapft darüber. Wir schließen uns der Herde an.
Der Wind frischt plötzlich auf und haut mir nasse Gischt ins Gesicht. Ein Gischtgesicht - nicht zu verwechseln mit einem Gichtgesicht. Vergesst es. Die Windgeschwindigkeit beträgt von gleich 2kmh auf jetzt 1.500kmh. Ein Peeling, das nicht nur die Pickel eines Teens zum schmelzen bringt, sondern dafür sorgen kann, das man ohne Augenbrauen total bescheuert aussieht.
Nach den letzten Metern schält sich ein Turm aus dem Nebel .... dann ein Antennenmast ... eine aufrecht stehende Pommes Schranke. Wir sind oben.
Lars kommt maulend vom Pott wieder und ist der Meinung das 1 Euro für's "Wasser abschlagen" eindeutig zu viel ist. Ich such uns n Platz zum sitzen - DRAUSSEN, weil die kneipe mit 3500 / 50 Plätzen gnadenlos überfüllt ist und Lars besorgt uns 'ne leckere Bohnensuppe mit BoWu. Bowu 7/10 Punkten - Bohnen ... 2 / 10. Aber was warmes im Bauch.
Wir holen uns unseren Wanderausweisstempel und machen uns an den Abstieg. Die Bahn ist schon weg.
Berg runter ist eindeutig leichter. Recht schnell sind wir wieder an der Panzerplattenstrecke. Meine Socken rutschen.
17% Gefälle sind auch nicht zu verachten wenn die Füsse eh schon weh tun und dann noch links und rechts die "Fahrradfahrer" an einem vorbei peitschen. Dem einen steht die Angst mehr ins Gesicht geschrieben - dem anderen weniger. Ist Lars sein Wanderstock - nicht meiner.
Wir halten uns konsequent an die Wanderroutenmarkierungszeichen. Weißes Dreieck mit rotem Kreis. Jetzt jedefalls halten wir uns dran - und verlaufen uns gnadenlos. Ein verlassenes Flussbett dient uns als Weg. Lange Zeit macht es das und meine Socken rutschen. Ich merke, das die Blase am rechten Fuss jetzt zum 2. oder 3. mal Fruchtwasser ablässt. Ich habe Fersenwehen. Ein altes Päärchen kommt uns gut gelaunt entgegen und findet den Weg total klasse. Ich auch. Je mehr ich von dem hinter mir lasse, desto näher komme ich dem Parkplatz, dem Auto, meinem Bett.
Irgendwann kommen wir ein Stück aus dem Wald und treffen auf ein Moor. Hier nix mit SchnickSchnack. Der Weg ist mit Brettern einen halben Meter über dem Moor vorgegeben und ungefähr so breit wie zwei Menschen nebeneinander. Oder nur ich mit Rucksack. Ich sag zu Lars "Rutsch ick hier ab, steck ick sofort bis zur Hüfte im Sud". Der Das Moor ist so saftig, hier bleibt nich mal n Hase an der Oberfläche und vor mir kommen Leute mit riiiiiiesen Trekking-Rucksäcken. Ich überlege ob ein Bauchklatscher in die Grube meine Überlebenschancen steigern würde. Ich hab Bilder im Kopf. Ich mit weit von mir gespreizten Armen und Beinen aufm Bauch liegen im Moor. Unter mir steigen glucksend die Blasen hoch und ick schmecke den Torf. Los .. .weiter.
Ab hier gibts eigentlich nicht mehr soooo viel zu erzählen. Irgendwann kommen wir an einer Strasse raus der wir folgen und kommen genau da an, wo wir angefangen haben. Der Sovienierladenbesitzer staunt, das wir ne halbe Stunde früher wieder da sind als er geschätzt hatte und gibt mir meine Limo und die kleine Souvenir-Hexe für meine Tochter und nimmt sich 15 Euro. Netter Schnitt.
Am Auto zieh ich die Schuhe aus und freue mich über ein weiches Fußbett und meinen Autositz. Lars is das Particket bezahlen und wir dampfen los. Ab nach Hause .... 3 Stunden fahrt. Mir tut alles weh.
In Potsdam schmeiß ich Lars raus, mache mit ihm klar, das wir dann kommenden Samstag den Hexentanzplatz besteigen und fahre laut lachend nach Hause.
Hier gibt's die feinen drei B's (Badewanne, Backpfeife, Bett) und ich kann einen Haken machen an einen wunderschönen Ausflug mit einem feinen Kumpel.
Kommentare (1)
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Mark:
Mar 01, 2022 at 11:27 PM
Ich habe herzhaft gelacht. Danke für die Story. Viel Spaß weiterhin und mehr davon.
Mark